Das folgende Dokument wurde als Teil unseres Positionspapiers der Giordano-Bruno-Stiftung („WIE muss Technik?“) veröffentlicht, das im Mai 2018 in einem Workshop in Berlin erarbeitet und von renommierten Juristen, Ethikern und IT-Spezialisten redigiert wurde. Die Formulierungsvorschläge zu digitalen Grundrechten haben wir am 10. Dezmeber 2018 zum 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bei den Vereinten Nationen eingereicht.

Das Dokument kann hier heruntergeladen werden (PDF, 35 KB).

 

Dokument: Zur Verteidigung der Menschenrechte im Zeitalter der Digitalisierung

Vor 70 Jahren, am 10. Dezember 1948, verabschiedete die UN-Generalversammlung in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die digitale Revolution lag damals noch in weiter Ferne. Eine Resolution der UN Generalversammlung vom 29. Juni 2012 hat festgestellt, dass die Menschenrechte auch online gelten und die Privatsphäre auch im digitalen Bereich zu schützen ist.

Wir halten darüber hinaus eine explizite Anerkennung mehrerer digitaler Grundrechte als Menschenrechte durch die UN-Vollversammlung für geboten, um ihnen einen entsprechend hohen Stellenwert einzuräumen.

Die folgenden Punkte sollten nach unserer Überzeugung dabei berücksichtigt werden:

1. Das Recht auf Privatsphäre, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie die gleichberechtigte Teilhabe an medialer Information und Kommunikation werden als Menschenrechte anerkannt.

2. Jede personenbezogene Beobachtung eines Menschen, seines Verhaltens, seiner sozialen Kontakte, Mediennutzung oder Kommunikation ohne dessen ausdrückliches Einverständnis ist als unzulässiger Eingriff in sein Privatleben gemäß Artikel 12 sowie seiner Meinungs- und Informationsfreiheit gemäß Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte anzusehen.

Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Überwachung, Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

Bei der Ausübung der Schutzverantwortung des Staates sind enge rechtsstaatliche Grenzen zu beachten. Eine anlasslose Massenüberwachung ist unzulässig.

3. Jeder hat das Recht auf den Schutz seiner persönlichen Daten. Die Vertraulichkeit und Integrität aller dafür relevanten informationstechnischen Systeme ist zu gewährleisten.

4. Jeder hat das Recht, über die Erfassung, Verwendung, Analyse, Aufbewahrung, Berichtigung und Löschung der auf seine Person bezogenen Daten selbst zu bestimmen, soweit nicht staatsbürgerliche Pflichten dem entgegenstehen. Die verpflichtende Erfassung von personenbezogenen Daten durch staatliche Stellen ist auf ein essenzielles Minimum zu begrenzen. Jeder hat das Recht, in angemessener Frist und Form Auskunft über alle auf ihn bezogenen Daten und Informationen zu erhalten.

5. Jeder hat das Recht, seine Daten, Informationen und Kommunikation durch Wahl geeigneter Mittel gegen Kenntnisnahme Dritter zu schützen, namentlich auch gegenüber staatlichen Stellen.

6. Jeder hat das Recht, zu erfahren, welche Algorithmen, Verfahren, Regeln oder Kriterien bei ihn betreffenden automatischen Beurteilungen oder Entscheidungen wirksam wurden, und sie durch einen Menschen überprüfen zu lassen. Automatisierte Entscheidungen und Künstliche Intelligenz müssen von natürlichen oder juristischen Personen verantwortet werden. Sie dürfen Menschenrechte nicht verletzen und Menschen nicht dafür diskriminieren, dass sie von ihren grundrechtlich verbürgten Freiheiten Gebrauch machen.

7. Jeder hat das gleiche Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zu Informations- und Kommunikationsdiensten.

Der Zugang zum Internet ist als Bestandteil der Grundversorgung zu fördern und auch in Zeiten politischer Unruhe unbeschränkt aufrechtzuerhalten.

Netzneutralität ist zu gewährleisten.

8. Die Teilnahme an öffentlichen Wahlen und Abstimmungen sowie die Wahrnehmung anderer Grundrechte darf nicht an die Nutzung digitaler Medien gebunden sein.

Berlin, 10. Dezember 2018
Giordano Bruno Stiftung